Informelle Partizipation

Der Inklusionsbegriff im Diskurs (Begriffsbestimmung und -verständnis)

Innerhalb des Forschungsprozesses führte der Begriff Inklusion zu Irritationen. Im Vorfeld der Fachkonferenz „Inklusion in Beteiligungsverfahren“ gab es beispielsweise nach einer Klärung des Begriffs Abmeldungen von Interessierten, da der Inklusionsbegriff aufgrund seiner Entstehungsgeschichte[11] eine ausschließliche Verknüpfung zu Menschen mit Behinderungen hervorrief, die nicht in erster Linie Gegenstand der Fachkonferenz war. 

Auch findet der Inklusionsbegriff in wissenschaftlichen Diskursen unterschiedliche Verwendung. In der Ungleichheitsforschung existiert beispielsweise ein normativer Inklusionsbegriff, der sich auf gesellschaftliche Teilhabe bezieht und den Gegenpart zur gesellschaftlichen Exklusion bildet. Martin Kronauer beschreibt Inklusion als ein Überwinden von exkludierenden gesellschaftlichen Verhältnissen (Kronauer, 2010, S. 56). Der Begriff der Integration gehe von einem Gesellschaftsbild aus, in das man sich einfügen müsse. Im Gegensatz dazu fände Inklusion schon im Vorfeld statt, d.h. dass exkludierende gesellschaftliche Verhältnisse überwunden werden sollten. 

Der Begriff Inklusion (aus dem Lateinischen ‚inclusio’) bedeutet ‚Einschließung’ oder ‚Einschluss’. Auf den Menschen bezogen bedeutet Inklusion die selbstverständliche Zugehörigkeit und uneingeschränkte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft – so auch in Beteiligungsverfahren. Er bezieht sich in dieser Untersuchung jedoch nicht nur auf Menschen mit Behinderungen, sondern auf all diejenigen, die mit Beteiligungsverfahren erreicht werden sollen. Denn „für die erfolgreiche Durchführung von Bürgerbeteiligungsmaßnahmen ist es wichtig, dass idealerweise alle betroffenen Bevölkerungsgruppen teilnehmen, so dass möglichst alle unterschiedlichen Meinungen in dem Prozess vertreten sind (umfassende Inklusion)“ (Umweltbundesamt, 2015, S. 1). 

Die in der Leistungsbeschreibung für diese Forschung formulierte Bedeutung einer umfassenden Inklusion wurde im Laufe des Forschungsprozesses weiterentwickelt und operationalisiert, da es unterschiedliche Auffassungen davon gibt, wer wann und auf welche Weise inkludiert werden soll. Hierbei muss beachtet werden, dass jedes Beteiligungsverfahren einen exklusiven Charakter hat.12 Entsprechend des im weiteren Verlauf erarbeiteten modifizierten Inklusionsverständnisses setzt sich die ideale Teilnehmendenschaft nicht lediglich aus den betroffenen Bevölkerungsgruppen zusammen; vielmehr ist sie abhängig von der Intention des Vorhabens. Eine umfassende Inklusion ist dementsprechend durch die jeweilige Beteiligungsintention charakterisiert (siehe Kapitel 2.5.1). 



[11] Anfang der 1970er Jahre setzten sich in den Vereinigten Staaten und ab den 1980er Jahren auch in Deutschland Menschen mit Behinderungen und Unterstützende für eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe ein (Independent Living Bewegung bzw. Selbstbestimmt Leben). Dies war mit ausschlaggebend für die Entstehung des Inklusionsbegriffs (Kornherr, 2008, S. 19).