Mustersprache – Muster des Gelingens

Die im Forschungsprojekt entstandenen Impulse wurden als »Muster des Gelingens« in Form einer Mustersprache aufbereitet.

Der Ansatz der Mustersprachen wurde vom Mathematiker und Architekten Christopher Alexander entwickelt (Alexander, 1995). Alexander ging der Frage nach, wie es möglich sei, qualitativ hochwertige, nachhaltige Entwurfslösungen in der Architektur zu entwickeln, die individuelle Lösungen für ein spezifisches Problem in einem gegebenen Kontext vorschlagen. Diese Frage stellt sich auch beim Entwurf von Beteiligungsverfahren. Alexander beschäftigte sich mit der Struktur und Übertragbarkeit von Mustern. Muster entstehen durch die Verallgemeinerung aus einer empirischen Beobachtung abstrahierter Qualitäten. Das heißt, vorhandene gelungene Entwurfslösungen werden abstrahiert, um die den Lösungen innewohnenden Qualitäten zu beschreiben. Ein Beispiel für ein Muster ist das Muster ‚Haupteingänge’ (Alexander, 1995, S. 582). Bei Haupteingängen handelt es sich um gelungene Entwurfslösungen, wenn sie eine gute Lage in Bezug auf Haus und Straße sowie eine gute, d.h. funktionale oder ästhetische, Form haben. Aus einer Reihe von Mustern, also verallgemeinerten Qualitäten, ergibt sich die Mustersprache. Einzelne Muster können wie Vokabeln einer Sprache genutzt werden, um neue, stimmige Entwürfe für komplexe Projekte zusammenzustellen. Die Besonderheit des Ansatzes besteht darin, dass immer neue, individuelle Gestaltungslösungen gefunden werden, die sich optimal am Kontext des jeweiligen Projekts orientieren. Alexander stellt den Mustersprachenansatz daher als Gegenmodell zur modularen Planung[1] dar, welche die exakt gleichen Lösungen unabhängig vom jeweiligen Kontext reproduziert.

Das Konzept der Mustersprachen ist mittlerweile weit über die Architektur hinaus bekannt. Erfolgreiche Mustersprachen sind für unterschiedliche Bereiche und Themenfelder wie Architektur, Bildung, Informationstechnologie und Politik entwickelt worden. Vielfach werden Mustersprachen als Best-Practice-Sammlungen verstanden und verwendet. Sie sind aber mehr als das: Sie sind sowohl Analyse- als auch Entwicklungswerkzeug und Planungsmethodik, die in Design, Planung und Projektentwicklung Entscheidungen unterstützen. Die folgende Abbildung zeigt das theoretische Konstrukt hinter dem Mustersprachenansatz.

Mustersprache


Muster als Gestaltungswerkzeug – Theoretisches Konstrukt (IPG)

Da ein Muster die Beschreibung eines verallgemeinerten Entwurfansatzes ist, wird es immer in der gleichen Struktur beschrieben: So beinhaltet ein Muster einen Titel, eine Visualisierung, eine Problembeschreibung, eine Diskussion des Kontextes, in dem dieses Problem auftreten kann, sowie mögliche Varianten und eine Lösungsbeschreibung als Empfehlung und Handlungsanweisung an die Planerin oder den Planer.

Für dieses Projekt, angefangen von der Fachkonferenz bis zur Konzeption und Umsetzung des Webtools, verwendeten wir eine vereinfachte Form einer Mustersprache, um die in der Forschung entstandenen Impulse so aufzuarbeiten, dass sie als Handlungsempfehlungen für Praktizierende fungieren konnten. Ziel dieser Mustersprache ist es nicht, Standardisierungen oder einfache, auf jeden Kontext anwendbare Rezepte zu entwickeln, sondern Unterstützung dabei zu geben, dass für jedes Beteiligungsprojekt in seinem jeweiligen Kontext individuelle Lösungen gefunden werden können. Wir nennen diese Handlungsempfehlungen Muster des Gelingens. Sie sind der Ausgangspunkt einer Mustersprache für das Design inklusiver Beteiligungsverfahren.


[1] Modulare Planung denkt in Modulen, also einzelnen Teilen. Im Gegensatz zur Auffindung von Mustern geht es bei der Entwicklung von Modulen um eine Vereinfachung, ein Herunterbrechen von komplexen Formen in der Art eines wiederholbaren Baukastensystems.